24.12.1914

Kriegsweihnacht

 
 
Eine deutsche Weihnachtspostkarte aus dem Jahr 1914
Eine deutsche Weihnachtspostkarte aus dem Jahr 1914
 
 

Elfriede Kuhr und ihre Großmutter haben im August 1914 fest daran geglaubt, Weihnachten wäre der Krieg vorüber. Jetzt sind bereits Hunderttausende Soldaten gefallen und ein Ende ist nicht abzusehen. Entsprechend getrübt ist die Stimmung am Heiligabend.

Wir bescherten um sechs Uhr. Vorher gingen Großmutter, Willi und ich in die alte Stadtkirche zur Weihnachtsfeier. (….) Auf einmal begann die Orgel zu spielen, erst ein Vorspiel, aber es klang schon die Melodie durch: Stille Nacht, heilige Nacht… Alle Menschen beugten wie auf Befehl die Gesichter nieder und fingen an zu weinen und schluchzen. (…) Unser Superintendent Schammer trat an den Altar, guckte eine Weile in den Christbaum mit den brennenden Kerzen und sagte: "Friede auf Erden! Und den Menschen ein Wohlgefallen!" Da weinten und schluchzten alle noch viel mehr. Die ganze Kirche war voll von Leuten, die schwarze Kleider und schwarze Trauerschleier trugen. Wir konnten lange nicht sprechen, als wir aus der Kirche herauskamen. Auf dem Markt blies unsere Militärkapelle Weihnachtsmusik. Wenn man Bekannte traf, grüßte man nur stumm oder drückte sich die Hände.