06.08.1914

Angst

 
 
Aufruf des deutschen Kaisers Wilhelm II. an das deutsche Volk vom 6. August 1914: Die Rede wurde im Oktober 1918 für die Tonaufnahme nachgesprochen.
 
 

Für viele in Deutschland scheint der Kriegsausbruch der lang ersehnte Befreiungsschlag von den diplomatischen Spannungen der letzten Jahre. Bei überzeugten Sozialdemokraten wie Käthe Kollwitz, die die militärische Aufrüstung Deutschlands bekämpft haben und lange Zeit als "vaterlandslose Gesellen" abgestempelt worden sind, löst die Mobilmachung dagegen zwiespältige Gefühle aus. Die Ablehnung von Krieg geht mit dem Willen einher, im Moment der Krise das Vaterland nicht im Stich zu lassen. Das gilt erst recht, wenn Kollwitz‘ Sohn Hans sich freiwillig zu den Waffen melden will.

Das plötzliche Gefühl - als ob es einer sagt: Die Jungen werden sterben – und ich verbringe die Zeit mit Wertlosigkeiten. (...) In den ersten Tagen vergaß ich oft den Krieg oder hatte das Gefühl: so, nun ist es genug mit dem Druck, jetzt kann wieder gelebt werden. Als ob man von drückendem Traum erwacht. (...) Wie Hans war in jenen Tagen! Ganz einfach. Bescheiden gab er sich hin ohne Worte. Dabei heiter. Ruhig und liebevoll. Er gibt seine junge unschuldige Brust.