01.10.1918
Hoffnung und Leid
Deutschland steht vor dem Ende. Widersprechendste Gefühle. Deutschland verliert den Krieg.
Was kommt nun? Wird das patriotische Gefühl noch einmal so aufflammen, dass eine Verteidigung bis zum letzten einsetzt? (...) Ich finde nichts in mir, das dazu ja sagt. Wahnsinn käme es mir vor, wenn das Spiel verloren ist, es nicht abzubrechen und zu retten, was noch zu retten ist. Die Jugend, die noch lebt, muss Deutschland behalten, sonst verarmt es absolut. Darum nicht einen Tag weiter Krieg, wenn man erkennt, dass [er] verloren ist.
Freilich, bis sich das wirklich entschieden hat, Kampf. Damit wenn möglich ein erträglicher Friede zustande kommt.
1. Oktober. Eintritt der Sozialdemokraten in die Regierung. Deutschland wird parlamentarisch. Es will Demokratie werden. (...) Mein Gott, diese Zeit. Sie nimmt Schritte in Siebenmeilenstiefeln. Alles flutet. Unser Kriegsunglück kann neues Leben für Deutschland bedeuten. Als ich heut hörte, dass Legien, Ebert [beide führende Sozialdemokraten] in die Regierung eintreten, hatte ich ein ungeheures Freudegefühl. Aber selbst wenn die Sozialdemokratie das Staatsschiff glücklich zu lenken imstande wäre: Es bleibt dabei, dass Deutschland den Krieg verliert und schweres langes Besiegtenleiden zu tragen haben wird.
Geht all das Leiden, das noch kommt und das aus seiner Niederlage kommen wird, über das Leiden dieser vier Kriegsjahre heraus? Wo sind seine Millionen junger Menschen? Nein, Deutschland will aufhören mit dem Kriege, ganz Europa will aufhören mit dem Kriege.