28.10.1915

Menschliche Raubtiere

 
 
Soldaten oberhalb des Isonzo
Soldaten oberhalb des Isonzo
 
 

Das Wetter ist klar. Bei guter Sicht sitzt Vincenzo D’Aquila auf einem Beobachtungsposten am Berg. Von hier aus soll er durch seinen Feldstecher die Angriffe verfolgen. Noch steckt ihm sein Einsatz an der Front in den Knochen. Er hat Glück gehabt und wird inzwischen mit Hilfe seines Kompaniechefs mit Aufgaben beim Stab betraut. Das ist weit weniger gefährlich. Auch wenn D’Aquila damit zumindest vorübergehend die eigene Haut gerettet haben mag, in seinem Innern toben widerstreitende Gefühle.

Es war kaum zu glauben, dass dies Menschen waren, diese abgebrühten Maulwürfe, die ihre Feldstecher justierten, um einen besseren Blick auf das widerliche Spektakel zu bekommen. Blutrünstige Beobachter – sicher, nicht von ungefähr, vor Kugeln und Granaten. Als würden sie die Christen in der Arena beglotzen, die von ausgehungerten Raubtieren gefressen werden. Wir sind seit fast zweitausend Jahren im Krieg. (…) Im Krieg gegen Dummheit, Habgier, Gleichgültigkeit und Sünde! Das ist der echte Krieg…