30.10.1914
Ein Mädchen unter Kosaken
Meine neun Kameraden fassten den Entschluss, auf Läusejagd zu gehen. Sie setzten sich um den Ofen, der in der Mitte der Hütte brannte. Erst legten sie ihre Uniformen ab und fingen an, die Nähte aufzutrennen. Dann streiften sie die Hemden herunter. Ich hatte niemals zuvor halbnackte Männer gesehen. Sie waren so sehr mit sich beschäftigt, dass sie mich vollkommen vergessen hatten. (…) Das Feuer überglühte rot Kosels bepelzte Brust.
Nichts macht den Menschen so einsam wie Scham. Während ich so dalag, wurde mir plötzlich bewusst, dass ich ein Mädchen war. Ich empfand das Absonderliche meiner Umgebung. Ich, die Tochter eines Obersten, lag in dieser Hütte, in der es schrecklich nach schlechter Luft und Tabak stank, nach versengten Hemden, nach dampfenden Fußlappen, die zum Trocknen aufgehängt waren, nach ungewaschenen Körpern und Füßen.