01.08.1914

Die Glocken schlagen

 
 
Ein Kosakendorf circa 1900
Ein Kosakendorf circa 1900
 
 

Die 14-jährige Marina Yurlova lebt im nördlichen Kaukasus mitten im Siedlungsgebiet der Kuban-Kosaken. An einem strahlenden Sommertag hilft sie gemeinsam mit anderen älteren Mädchen in einem Sonnenblumenfeld bei der Ernte. Arbeiten müsste sie eigentlich nicht, denn das Feld gehört ihrem Vater, einem Kosakenoberst. Aber sie hat gehört, wie schön die Mädchen in der Mittagspause tanzen – das wollte auch sie einmal sehen.

Dann begannen die Kirchenglocken zu läuten. Der Gesang erstarb, die Tänzer hielten inne. Ich weiß noch, dass alle Mädchen dieselbe Handbewegung machten, als sie sich erschrocken bekreuzigten. Denn die Glocken läuteten nur, wenn Feuer ausbrach oder sonst etwas Schlimmes geschehen war. Es läutete auch in der benachbarten Stadt. Man weiß, wie Glocken klingen, wenn es weder Sonn- noch Feiertag ist, - wie machtvoll und ahnungsschwer. Es ist, als riefen sie um Hilfe. Und dann hörten wir den Hufschlag galoppierender Pferde auf den fernen Hügeln. Es waren Kosaken. Sie sprengten über die Felder und riefen immer das eine Wort: Krieg! Krieg!